Muss Güglingen sparen?

Schulden und Sparen sind die Kehrseite der gleichen Medaille. Ich kann nur sparen, wenn auf der anderen Seite jemand die Schuld auf sich nimmt.
(Marcel Fratzscher)

BM Heckmann:

„Es ist richtig Sparansätze zu finden. Hierbei nehme ich den Gemeinderat mit in die Pflicht uns konkrete Vorschläge zu unterbreiten. Wer beispielsweise hohe Personalausgaben bemängelt, der muss auch vorschlagen, welche Aufgaben eingespart und dadurch Kosten reduziert werden könnten.“

Markus Xander (FUW)

„Markus Xander (FUW): Markus Xander“Sparankündigungen hat es von der Verwaltung bereits mehrfach gegeben. Wie Herr Müller von der Heilbronner Stimme in einem Kommentar richtig feststellte, müssen allerdings auch Taten folgen, sonst wird es unglaubwürdig.
Der Sparwille muss bei der Verwaltung erkennbar sein. Einsparvorschläge des Gemeinderates sind ein Kampf gegen Windmühlen und nutzlos, wenn sie von der Verwaltung nicht mitgetragen werden. Wir stellen deshalb auch keine Änderungsanträge.“

Frank Naffin

„Die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und -ausgaben in diesen Zeiten sind schwerlich seriös kalkulierbar bzw. vorhersehbar.“ Auch habe ich im Juni 2021 darauf hingewiesen, dass sich die finanzielle Situation offensichtlich deutlich entspannt und Güglingen nicht vor dem Bankrott stehe. Dies wurde leider in Teilen des Gremiums und der Verwaltung nicht immer so gesehen und führte zu erhitzten Diskussionen und ebensolchen Zeitungsartikeln.“

Joachim Esenwein (Bürger-Union)

„Unsere Entscheidungen im Rat benötigen zu lang, Einsparungen um der Einsparung willen, verlängern die
Planungszeiträume, Einschätzungen der Verwaltung werden häufig bezweifelt. Das herausragende Beispiel hierfür ist das Bauprojekt Kita Gottlieb-Luz/Familienzentrum. Seit zwei Jahren schon könnten Kinder in der Kita optimale Bedingungen genießen, die Familienarbeit noch bessere Voraussetzungen haben. Selbst verschuldete Containerkosten, die auf über 700 000 € anwachsen werden …

Sparsamkeit um der Sparsamkeit willen?

Wenn sparen, dann richtig?

2019 war ein Einschnitt, der deutlich machte, wie sehr Güglingen am Tropf der Steuereinnahmen und hier vor allem der Gewerbesteuer hängt. Der Haushalt benötigte einen Ausgleich und es war völlig ungewiss, ob man sich dem Spruch „Et hätt noch immer jot jejange“ ausliefert, oder für die Zukunft die richtigen Schritte wählt.

Eine der schwärzesten Stunden des Gemeinderates war, als die Klausur zur Haushaltskonsolidierung am 21. November, für die Bürgermeister Heckmann einen der profiliertesten Berater für kommunale Haushalte, Professor Wolfgang Hafner, gewinnen konnte, bereits in der Eröffnung durch persönliche Angriffe auf den Referenten so zerlegt wurde, dass die Klausur auch schon wieder zu Ende war, bevor sie begonnen hatte.

Wenn die FUW zum Sparen die Verwaltung in die Pflicht nimmt, dann verkennt sie, dass die Verwaltung bereits durch Budgetierungen durch alle Haushaltsbereiche hindurch und durch das Verschieben von Maßnahmen die Entlastung des Haushaltes mit Zustimmung des Gemeinderates vorangetrieben hat.
Dem weitreichendstem Vorschag, dem Verkauf aller Wohnungen im Neubau am Stadtgraben/Deutscher Hof, hat sie nicht zugestimmt. Damit hätte man einerseits nicht nur auf dem Mietwohnungsmarkt einer falschen Entwicklung der Mietpreise vorbauen können, sondern insgesamt auch Immobilien mit Sozialmieten im eigenen Bestand halten können.

Andererseits wäre der Ausgleich des Haushaltes 2021 sofort gelungen, wären Personalaufwendungen für das Projekt rapide gesunken.

Wenn man sich die Analyse von Professor Hafner genau ansieht, wird deutlich, dass die Güglinger Finanzsituation sich vor allem aus einer Schieflage der Erwirtschaftung eines Zahlungsmittelüberschusses aus der laufenden Verwaltung ergibt. Und hierbei zeigten sich vor allem die höchsten Zuschussbedarfe bei der Kinder- Jugend- und Familienhilfe, die in den letzten Jahrzehnten geradezu explodiert ist. Zweit- und dritthöchster Zuschussbedarf besteht in der Inneren Verwaltung und in den Aufgaben als Schulträger.
Hierbei handelt es sich immer um Pflichtaufgaben. Addieren wir den Zuschussbedarf von Museum, Freibad, Bibliothek, VHS, Kultur, dann liegen diese bei ca. 73% des Zuschussbedarfs der Inneren Verwaltung mit 1,5 Mio € oder bei knapp 30% des Zuschussbedarfs, der sich für Kinder-, Jugend- und Familienhilfe notwendig ist.
Zeigt sich denn damit die Notwendigkeit des Sparens bei diesen freiwilligen Aufgaben, die der Kultur, der Freizeit, dem kulturellen Erbe gewidmet sind?

Wir meinen Nein! Wir halten diese Aufgaben für wesentlich, nicht nur im inneren Zusammenleben, sondern als weiche Standortfaktoren, die für das Lebenswerte in Güglingen sprechen.

Eine freiwillige Aufgabe ist andererseits die Herzogskelter und das Hotel. Wir nehmen diese Aufgabe mit Beginn der Stadtsanierung wahr.
BM Heckmann: „Wir müssen uns in Zukunft mehr auf unsere Kernaufgaben fokussieren. Dies bedeutet Pflichtaufgaben vor freiwilligen Leistungen.


Die Herzogskelter, Saal und Hotel, sind richtige Ausgabenbrocken.
Diese Ausgaben einer freiwilligen Leistung der Stadt könnten durch einen Verkauf sofort auf Null gefahren werden. Selbst bei einem Verkauf zum Symbolwert von einem Euro wäre der Spargewinn bedeutsam.

Hierzu bedürfte es eines notariellen Verkaufsvertrages, der öffentliche Interessen bezüglich der Nutzung des Saales weiterhin gewährleistete.
Und es bedürfte eines Vertrages, der die bauliche Erhaltung des Ensembles sicherte.
Dieser Vorschlag des Fraktionssprechers der Bürger-Union wird einer sein, der zu tatsächliche Einsparungen führen könnte. Und er käme nicht mit dem Verlust sinnvoller Infrastrukturen einher.

Auf den Prüfstand müssen immer die laufenden Kosten kommen. Dabei zeigt sich aktuell deutlich, dass das Verschieben von Maßnahmen am Ende deutlich teuerer werden kann.
Die Sporthallensanierung ist ein weiteres Zeugnis, das uns die Folge von Entscheidungen vor Augen führt, die durch fehlerhafte Entscheidungen hervorgerufen werden.

Die Sparsamkeit bei der gemäßigten Anhebung der Gewerbesteuer, hat uns in die aufschiebenden Maßnahmen der Infrastrukturerhaltung gedrängt.

Das Sparen hier hat sich damit zu einer deutlichen Belastung des Haushaltes an anderen Stellen ausgewirkt.
Das ist die „Kehrseite der Medaille“
Ein gemäßigtes Anheben der Gewerbesteuer auf 330 Pkte (Durchschnittlicher Hebesatz der Gemeinden zwischen 5000 und 9999 EW. 348 Pkt.) bereits vor mindestens drei Jahren, hätte uns die Luft gegeben sparsamer zu wirtschaften, nämlich rechtzeitig und damit kosten günstiger in Erneuerung von Infrastrukturen zu gehen.

Kehrseite dieser Medaille: „Belastung der Betriebe.“
Aufklärung ist nötig: Welche zusätzliche Belastung treffen die Betriebe bei solchen gemäßigten Erhöhungen in Abhängigkeit ihres Umsatzes?
Unsere Prognose ist, dass bei dieser Erhöhung, die Belastungen getragen werden können, dass sie großen Betrieben wenig ausmachen, in mittleren und kleinen Betrieben deutlich weniger in absoluten Zahlen ausmachen, als es sich der eine oder andere vorstellt.

Finanzsituation der Stadt

Der Zahlungsmittelüberschuss aus der laufenden Verwaltung nimmt seit Jahren deutlich ab, der Trend ist eindeutig negativ. Im Durchschnitt fehlen jährlich 2 Mio Euro, der Schuldenstand des Kernhaushaltes wächst mittelfristig deutlich, die Entschuldungsdauer steigt ab 2021 stark an, die Vorsorge für einen Substanzerhalt ist bisher nicht umfassend diskutiert. ( Bezug Gewerbesteuer mit Hebesatz 305)
Auf dieser Basis ist die Erhöhung von Fremdkapital unausweichlich und deutlich.

Vor dem geschilderten Hintergrund war die Erhöhung der Steuern und Gebühren unausweichlich.

Die Diskussion unseres Leitbildes, die Herausforderungen für eine Stadt im Klimawandel, die von Bund und Land auf die Kommunen heruntergebrochenen zusätzlichen Aufgaben, die Entwicklung der Kosten über lange Zeiträume, werden deutlich machen, dass es neben dem Aufgabenfeld eines vernünftigen, inhaltlich diskutierten Sparens darum geht, die Einnahmenseite der Kommune auch transparent in die Bürgerschaft und die Unternehmen hinein zu diskutieren.

Mit unserem Beitrag soll ein erster Schritt unternommen werden.

Quellen: Haushaltsreden FUW, BU, NL; Finanzanalyse von Professor Wolfgang Hafner; er ist seit 1993 Professor der Hochschule Kehl an der Fakultät II Wirtschafts-, Informations- und Sozialwissenschaften und im Land BW bei Beratungen zu Haushaltskonsolidierungen ein gefragter Experte.

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