Art. 2 GG in Abs. 2 Satz 1: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche
Unversehrtheit.“
Grundsätzlich kann damit nicht das Sterben untersagt werden, und wer seine Freiheiten dazu nutzt, ein gesundheitlich riskantes Leben zu führen, kann dies ohne darin beeinträchtigt zu werden, es sei denn er fügt anderen bewusst Schaden zu.
Allerdings kann man die Privatisierung der Gesundheit durchaus sehr kritisch sehen.
Bernd Hontschik, Arzt und Autor in der Frankfurter Rundschau: “ Das Sozialsystem Gesundheitswesen verkommt zu einer Gesundheitswirtschaft.“
Die Beitragszahler finanzieren die Leistungen des Gesundheitssystems und gleichzeitig werden über verschiedenste Mechanismen der Gewinnmaximierung Dividenden für die Investoren reserviert.
Gesundheit hat zu 100 Prozent Vorrang, das sagte der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier in der FAZ am 28.03, 2020.
Leider ist das nicht so
Wäre es so gewesen, dann hätte beim Einsetzen der Pandemie ein Rädchen ins andere gegriffen.
Dann müssten Menschen nicht befürchten, dass z.B. das Bluthochdruckmittel, dass sie verwenden, eventuell kurzfristig nicht erhältlich ist.
Auf unsere Region bezogen:
Dann würde man bevor man Kliniken schließt, siehe Brackenheim, in der Fläche für einen adäquaten Ausgleich in der medizinischen Grundversorgung sorgen.
Dann würde man die Notfallrettung, bevor sie durch die Krankenhausschließung nachweislich schlechter wird, personell und durch die Verbesserung der Fahrzeuginfrastruktur aufstocken.
Dann würde man…
Es gibt weitere Aspekte, die dem 100 Prozent – Vorrang widersprechen.
„Jährlich erkranken in Deutschland 400.000 – 600.000 Patienten an Krankenhausinfektionen, die zu einem Teil vermieden oder beeinflusst werden können. Etwa 10.000 bis 15.000 Menschen versterben laut aktuellen Schätzungen aus Studien jedes Jahr in Deutschland an Krankenhausinfektionen.“
Jeder Mensch hat eine Krankenversicherung- Überzeugt?
Die Tagesschau berichtet von 143000 Menschen ohne Krankenversicherung, Dr. Hontschik geht von mehreren hundertausend, möglicherweise sogar über 1 Million Menschen aus.
Zitat: Frankfurter Rundschau; Samstag, 27.06.2020
„Dr. Hontschiks Diagnose“ Corona bringt es an den Tag
„Anstatt in den Ruhestand zu gehen, eröffnete der Segeberger Hausarzt Dr. Uwe Denker vor zehn Jahren eine „Praxis ohne Grenzen“. Dort werden alle Patienten umsonst behandelt. Ärztliches und Pflegepersonal arbeitet ehrenamtlich, telefonische Beratung findet jeden Tag statt, auch am Wochenende. Miete, Versicherungen, Anschaffungen und Medikamente, auch Krankenhausbehandlungen werden durch Spenden finanziert. Dr.
Denker hatte Obdachlose, Menschen ohne Papiere und Flüchtlinge als Patient*innen erwartet. Die kamen zwar auch, aber dazu gesellte sich eine große Zahl von ehemaligen
Mittelständlern und Selbständigen zwischen 50 und 60 Jahren. Aus der einen Praxis sind inzwischen zehn geworden, verteilt über Norddeutschland.“
Im Gesundheitswesen müssen alle Gewinne im System bleiben, statt an der Börse zu landen. Flächentarifverträge wären wieder überall gültig, ärztliches und Pflegepersonal könnte endlich mit guten Arbeitsbedingungen rechnen… so Dr. med. Bernd Hontschik
Klinikschließungen
In Mecklenburg-Vorpommern im Landkreis Ludwigslust-Parchim ging es um Schließung von Frauenklinik einschließlich der Geburtenstation, die ein Gesundheitskonzern namens namens Mediclin betreibt.
Die Proteste schwapten bis in den Landtag und nun verhandelt der Landkreis über den Rückkauf des Krankenhauses in Crivitz.
Aber: „Der Fachbereich Gynäkologie und Geburtshilfe ist seit dem 30. Juni 2020 dauerhaft geschlossen. Werdende Mütter werden gebeten, auf die umliegenden Kliniken auszuweichen.“ Das ist die mitteilung des Konzerns.
Der Rückkauf der Klinik wird aber weiter vorangetrieben, unklar bleibt, ob die Gynäkologie wieder aufgenommen wird, die Ursache für den Bürgerprotest war.
https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Verkauf-der-Crivitzer-Klinik-verzoegert-sich,klinikcrivitz124.html
Eine Klinik in der Größe wird noch immer als verzichtbar erklärt, sie ist kleiner als Brackenheim. Während Brackenheim aufgegeben wurde, das als medizinische Grundversorgungseinheit eine Zukunft gehabt hätte, mit einer guten Entwicklungsperspektive durch am Bedarf ausgerichteter Strukturierung, geht dort der Landkreis ins Risiko.
Gelingen kann das, wenn endlich dieses unsinnige Fallpauschalensystem aufgegeben wird.
„Die Finanzierung baut nicht auf Fallpauschalen auf, sondern geschieht entsprechend dem Auftrag beziehungsweise der Größe des Krankenhauses mit pauschalen Budgets. Bezahlt wird die Erfüllung des gesellschaftlichen Auftrages, nicht eine konkrete medizinische Tat.“„(Dr. med. Bernd Hontschik). Das ist die richtige Zielsetzung und muss die Lehre aus Corona sein.
Es ist völlig unverständlich, das die Gesundheitspolitik Kliniken an miteinander vernetzte Gesundheitskonzerne verkauft, und die Patienten die Interessen der Konzernherren mit ihren Beiträgen bedienen.
In Hessen geht es dabei um Filetstücke. in einem Kampf um die Universitätskliniken Marburg und Gießen fliegen wohl die Fetzen, so Dr. med. Bernd Hontschik, die Patienten sind dabei nur Staffage.
In einem Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau fordert Herbert Storn „Kliniken dürfen nicht geschlossen werden. In Krankenhäusern muss das Konkurrenzmodell durch neue Formen der Kooperation ersetzt werden.
Hessen gilt mit der Privatisierung der Universitätskinik Marburg-Gießen als Extrembeispiel, und deren Weiterveräußerung von den Rhön-Kliniken an den Hamburger Asklepios-Konzern wird von den Arbeitnehmervertretern eine weitere Bedrohung für die Güte der Arbeitsbedingungen befürchtet.
Interessant ist, dass Intensivbetten von der Fallpauschale ausgenommen wurden, da diese die Kosten nicht decken. Besonders die öffentlichen Trägerschaften haben Probleme mit den Fallpauschalen, die die Kosten einer Behandlung nicht decken, wenn es um die Grundversorgung geht. Ebenso tragen nach Herbert Storn die Kliniken die Kosten bei Komplikationen im Behandlungsprozess. Besonders betroffen von Unterfinanzierung sind auch die Kinderabteilungen, die durch Schließung aufhorchen lassen.
Dass das Krankenhausstrukturgesetz diesen Prozess auch noch fördert, wurde von uns bereits bei der Schließung von Brackenheim und Möckmühl kritisiert.
FORSA-Umfrage durch GiB (Gemeingutin BürgerInnenhand)
Krankenhausschließungen werden von 88% der Bevölkerung abgelehnt, 96% halten die Versorgung für wichtiger als die Wirtschaftlichkeit.
Was tut not? Besser als Dr. med. Bernd Hontschik kann man es nicht ausdrücken
„Wer jetzt immer noch Krankenhausschließungen propagiert, hat nichts verstanden. Hausarztmedizin, die Allgemeinmedizin muss ins Zentrum rücken. Um diese Basis herum gruppieren sich Pflegestützpunkte, Fachärzt*innen aller Art und stationäre Einrichtungen. Niedergelassene und Krankenhausärzt*innen behandeln ihre Patient*innen gemeinsam. Integrierte Versorgungskonzepte genießen absoluten Vorrang. Krankenhäuser werden in Kategorien eingeteilt, vom kleinen 50-Betten-Haus der Grundversorgung bis hin zu universitären Einrichtungen mit allen Spezialabteilungen. Die Finanzierung baut nicht auf Fallpauschalen auf, sondern geschieht entsprechend dem Auftrag beziehungsweise der Größe des Krankenhauses mit pauschalen Budgets. Bezahlt wird die Erfüllung des gesellschaftlichen Auftrages, nicht eine konkrete medizinische Tat.“„
Grundversorgung
Für das Zabergäu ist es in der Konsequenz der Entwicklungen wichtig, dass im Mittleren und Oberen Zabergäu die medizinische Grundversorgung langfristig gesichert wird. Das ist nicht einfach, aber es muss, es wird gelingen. Das ist unser Optimismus.
Mit der Nachfolgeeinrichtung in Brackenheim wird ein kleiner Schritt gegangen.
Hierzu zählt für uns auch die ärztliche Notfallversorgung und das Rettungswesen.
Für Güglingen eine Lösung, die ausstrahlt
Im Mittleren und Oberen Zabergäu ist der Traum neben Allgemeinärzten, hier wird es eine Lösung geben, einen oder zwei Fachärzte gewinnen zu können. Das ist die Herausforderung.