Aktuell wurde ich wieder aufgefordert mich zu engagieren, um im Zabergäu nach der Schließung des Krankenhauses, für eine private Klinik zu kämpfen.
In einer Region, die von starken Mittelständlern geprägt sei, müsste es möglich sein Gelder einzusammeln, um eine Privatklinik zu installieren.
Die Ökonomisierung der medizinischen Versorgung, die den Patienten zum Kunden macht und die Ärzte zum Anbieter, hat das Zabergäu medizinisch ins Abseits gestellt.
Die Kommunen, und das können wir an unserem kommunalpolititschen Engagement ablesen, haben sich diesem Diktat, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint, unterworfen.
Das Scheitern einer Idee: Ärztehaus (medizinisches Zentrum)
Für Städte wie Güglingen ist das insofern nicht nur tragisch, sondern ärgerlich, als in den vergangenen zehn Jahren, den Zeitraum nehme ich jetzt besonders heraus, versäumt wurde, die medizinische Versorgung gut aufzustellen.
Beispiele für Fehler:
– Der ehemalige Bürgermeister hat es versäumt, eine Strategie zu entwickeln, den medizinischen Standort Güglingen zu sichern und zu verbessern.
– Die Hilflosigkeit des Handelns mündete in der Suche eines „Headhunters“, der ein „gutes Gefühl“ vermittelte, der dem Gemeinderat die Problematik des Findens zusätzlicher Ärzte aufzeigte und anschließend nie mehr mit Ergebnissen auftauchte, bzw. hinterfragt wurde.
– Das Scheitern der Gemeinschaftspraxis in Güglingen führte nur zu einem Drehen im Kreise, aber zu keinem zielgerichteten Handeln. Diese Gemeinschaftspraxis ist zunächst tatsächlich entstanden. Dies gelang nach intensiven Gesprächen, die auch wir unsererseits im Vorfeld direkt mit dem durchaus am Brackenheimer Ärztehaus interessierten Arzt (Abwerbeversuche) geführt haben.
Dabei hatten wir eine finanzielle Unterstützung stets befürwortet, vorgeschlagen und mitgetragen. Das Scheitern haben wir bedauert und es war ein herber Rückschlag für die medizinische Versorgung Güglingens. Ein Glücksfall war dann die gelungene Nachfolgeregelung in der Praxis von Dr. Haiges.
Eine Analyse der medizinischen Versorgung, mit dem Blick nach vorn, der Bewertung der Notwendigkeiten, ist nie erfolgt, sonst hätte bereits zu diesem Zeitpunkt das Thema Ärztehaus auf dem Tisch liegen müssen.
Durch Kontakte zu Ärzten, haben wir in der Bürger-Union das Thema aktuell nochmals aufgegriffen. Mit unseren Kontakten wurden über einen abgesprochenen Zeitraum ganz konkret, in Gesprächen vor Ort und darüber hinaus, die Bedingungen für ein Ärztehaus (medizinisches Versorgungszentrum) analysiert.
Das Ergebnis ist bitter, aber zu akzeptieren:
Es wird nicht gelingen, Güglingen ist fünf Jahre zu spät dran. Die Kommunen im Umkreis haben rechtzeitig reagiert.
Wer die Heilbronner Stimme aufmerksam liest, dem ist es aufgefallen, dass in den Nachbarschaften die Planungen und Umsetzungen für Gemeinschaftspraxen und medizinische Zentren realisiert oder in der Umsetzungsphase sind.
Den Kopf nicht in den Sand stecken: Kleine Lösung?
Es bleibt ein Fakt, dass die Einwohner/Ärzte-Relation nicht nur in Güglingen unterdurchschnittlich ist. Wir halten es deshalb nach unseren Erkenntnissen für nötig, die Praxis von Frau Hamann darin zu unterstützen, dass dort wieder ein zusätzlicher Arzt einziehen kann.
Ich halte es für nötig, diesen nun kleineren Weg konsequent zu gehen.
Ein medizinisches Zentrum ersetzt kein Krankenhaus. Die Schließung Brackenheims wirkt sich auch auf die Notfallversorgung aus.
Produziert die Schließung bereits tragische Todesopfer?
Wir beklagen bereits seit 2017 nicht nur die fehlende nachhaltige Sicherung der Notfallpraxis, sondern auch die Versorgungslage in der Notfallrettung, die sich nach unserer Einschätzung durch die Schließung des Krankenhauses verschlechtert hat.
Sie wurde durch den „vorübergehenden Abzug“ (?) des zweiten RTW (Rettungstransportwagen)“ weiter verschlechtert.
Tatsächlich ist die Versorgung mit der Notfallrettung ebenfalls unterdurchschnittlich:
https://www.swr.de/swraktuell/Rettungsdienst-weiter-ueberlastet-Im-Notfall-sind-hunderte-Gemeinden-nicht-ausreichend-versorgt,rettungsdienst-bei-hilfe-im-notfall-ueberlastet-100.html?search=G%C3%BCglingen
In dieser Woche haben wir einen guten Bekannten und Freund beerdigt. Er ist an einem Herzinfarkt verstorben. Der Rettungswagen war nach 20 MINUTEN AM EINSATZORT!
Genau das beklagen wir. Natürlich können wir nicht sagen, dass die zehn Minuten entscheidend waren. Aber sie hätten es eventuell sein können. Und das wäre tragisch.
Zusammenhang mit der Schließung des Krankenhauses
Der RTW-Einsatz ist nach der Schließung Brackenheims immer nach Heilbronn unterwegs.
Wünsche von Patienten nach Bietigheim oder Ludwigsburg gebracht zu werden, wurden schon verwehrt.
Der RTW ist also im ungünstigsten Fall bereits besetzt und auf einer 25 – 40 (?) minütigen Fahrt in den Gesundbrunnen.
Nicht immer ist es ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall zu dem der RTW und der Notarzt gerufen werden. Das Kreiskrankenhaus kam dann durchaus als Aufnahmekrankenhaus in Frage. Die Fahrtzeit ist deutlich kürzer, und die erneute Einsatzbereitschaft war damit vergleichsweise schnell wieder gegeben.
Natürlich gibt es Erstretter und evtl. RTWs aus den Nachbarkreisen, die schneller vor Ort sein könnten, aber auch das bleibt unsicher. In unserem Fall waren mehrere Einsatzkräfte im Einsatz. Es hat nicht geholfen. Wir vermissen jetzt unseren Freund.
Hätte er gerettet werden können?
Die Notfallrettung muss im Zabergäu verbessert werden
Der zweite RTW muss nach Brackenheim zurückgeholt werden, und er muss mit einem Notarzt über 24 Stunden hinweg einsatzbereit sein. Das ist unsere Forderung

Die Ökonomisierung der medizinischen Versorgung produziert benachteiligte Regionen und unterwirft das Patientenwohl Marktgesichtspunkten
Krankenhaus: Der Kostendruck hat die Personaldecke „so verkürzt, dass vielerorts nicht mehr nach professionellen Maßstäben gearbeitet werden kann.
Die laufenden Betriebskosten der Krankenhäuser sollen durch Fallpauschalen gedeckt, die Investitionen hingegen von den Bundesländern getragen werden“
Beides gelingt nicht und so werden Erlöse der Krankenhäuser „systemwidrig für Investitionen verwendet. Der resultiernde wirtschaftliche Druck ist existenzbedrohend. Geschlossen werden vorwiegend kleine Krankenhäuser in der Fläche.“
Das klingt bekannt: Schließung Krankenhaus Brackenheim ist ein 1:1 Ergebnis dieser Rahmenbedingungen.
Marktgesichtspunkt: „Vom Versorgungsauftrag her paradox, aber in der betriebswirtschaftlichen Logik rational, treiben manche Krankenhäuser deshalb Werbekampagnen zur Nachfragesteigerung.“
Oder: Im Falle des Rettungseinsatzes (s.o.) kommen auch Direktiven der Ansteuerung des „zuständigen“ Krankenhauses im RTW an.
„Chefärzte hatten im deutschen Krankenhaus bislang eine starke Position. Inzwischen sind sie von Ökonomisierung gewissermaßen überrollt worden. Das Management hat die Leitung usurpiert.“ ( Die Schließung Brackenheims wurde vonm Geschäftsführer begründet, Chefärzte waren in der Diskussion nicht vertreten. Die Sicht der Krankenhaus -Ärzteschaft war keine, die öffentliche Berücksichtigung und Würdigung erfuhr.)
„Chefärzte tragen heute „unternehmerische Verantwortung“ sie sollen „Führungsfähikeiten“ haben und werden selbst vom Management am kurzen Zügel geführt.“…“Sie sind als Einzelne gegenüber den betriebswirtschaftlichen Steuerungsmaßnahmen machtlos“
Ergebnis: Der Patient kann nicht davon ausgehen, dass im Zweifelsfall das Patientenwohl vorgeht. Die Ausnutzung der interdisziplinären Infrastruktur eines Krankenhauses, deren permanenten Einsatz macht den Kunden (Patient) zum Opfer „technischen, handwerklichen und kommunikativen Geschicks“ und lässt das Vertrauen schwinden, denn dass System muss sich ja permanent neu erwirtschaften.
Die Anzahl der Operationen übersteigt die Notwendigkeiten, das lässt sich in Diskussionen von Medizineren, die z.B. in der Zeitbeilage „doctor“ in anonymen Gesprächsrunden geführt werden, nachlesen.
Brackenheim fehlt als Krankenhaus der Region, weil es die Grundversorgung nicht mehr abdecken kann, weil der kurze Weg von der Notfallpraxis direkt ins Krankenhaus unterbrochen wurde, weil die Sozialkontakte zu den eigenen Verwandten, Freunden, Bekannten durch die Lage des Gesundbrunnen Krankenhauses erschwert werden, und direkte Verkehrsverbindungen nicht aufgebaut wurden.
Von Patienten wurde häufig die familiäre Atmosphäre gelobt, die bei einem Heilungsverlauf nicht unterschätzt werden darf.
Brackenheim und Möckmühl sind der Weiterentwicklung des zentralen Krankenhauses (SLK) geopfert worden und haben mit ihrer Schließung die Subventionen und Fördermillionnen in beträchtlichem Umfang erst ermöglicht.
Das mögen wir bedauern, es ist aber das Ergebnis einer fehlgeleiteten, der Ökonomisierung unterworfenen medizinischen Versorgung, die so falsch ist, wie der Verkauf der Wasserversorgung an private Betreiber.
Der Rückkauf solcher Grundversorgungsstrukturen (Wasser) hat schon längst begonnen, das ist teuer.
Auch eine grundsätzliche Änderung der Ausrichtung in der medizinischen Versorgung ist teuer. Allerdings haben sich die Kosten der medizinischen Versorgung, gemessen am BIP, bis heute nicht erhöht. Der Bedarf allerdings ist gestiegen und geht zu Lasten all derer, die im Gesundheitswesen für die Menschen da sein möchten.

Auch in der Heilbronner Stimme lässt sich bei der Lektüre des Artikels „Hauptsache billig“ von Valerie Blass, der grundsätzliche Strickfehler im Gesundheitssystem herauslesen. Schon in der Zwischenüberschrift, „Orthopäden warnen: Der Preis entscheide immer häufiger darüber, welche Implantate zum Einsatz kommen.“ wird dies deutlich. (Samstag 01. Juni 2019)
Zitate: „…“ Wissen; Frankfurter Rundschau, Friedrich Heubel, Facharzt für Neurologie udn Psychiatrie in Marburg, Privatdozent für Medizinethik und Koordinator der Arbeitsgruppe Ökonomisierung in der Akademie für Ethik in der Medizin, „Ärztliche Professionalität als oberste Bedingung“,Freitag, 24. Mai 2019